Auf die Frage "Wie viele Fassungen entstehen bei einem Text?" antwortete der Schriftsteller Peter Bichsel: "Weiß ich nicht. Das Wort Fassungen trifft nicht zu. Bei mir gibt es keine erste Fassung, die dann sozusagen endgültig ist, oder zweite. Es ist ein dauerndes Dranrumarbeiten und Ändern von Kleinigkeiten" (Koelbl1998: 40). Ein Blick auf die "Erstfassungen" der Manuskripte wie die von Bichsel, Grünbein oder Tawada zeigt, dass Schreiben ein permanenter Prozess des Umschreibens, Weiterschreibens, Ergänzens, Weglassens – kurz: des Überarbeitens ist. Zu einem (vorläufigen) Ende kommen diese Schriftsteller erst, nachdem sie selbst ihre Texte mehrfach kritisch gesichtet und redigiert oder einem "ersten Rezensenten", meist einer vertrauten Person, zur liebevoll-kritischen Durchsicht überlassen haben. Überarbeitungsprozeduren stellen auch oder gerade bei so sprachbegabten Menschen wie Schriftstellern eine Selbstverständlichkeit dar. Sie werden mitunter vier bis fünf Mal wiederholt, bis sich endlich beim Autor ein Gefühl von Stimmigkeit und Zufriedenheit mit dem eigenen Text einstellt.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.2198-2430.2001.02.02 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 2198-2430 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2001 |
Veröffentlicht: | 2001-06-01 |
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