Unter dem Schlagwort „Kulturkampf“ subsumieren die Historiker normalerweise die Auseinandersetzungen zwischen Otto v. Bismarck und der katholischen Kirche im späten 19. Jahrhundert – eine längst vergessene Episode, so könnte es scheinen. Vor einiger Zeit ist das Schlagwort aber wieder aus der Versenkung hervorgeholt worden. Der PDS-Politiker Peter- Rudolf Zotl hat 1997 eine Schrift veröffentlicht, die in ihrem Untertitel über den „Berliner Kulturkampf um Straßenschilder“ beredt Klage führt. Zotl berichtet darin, dass nach der Wende allein in Berlin 55 Straßen umbenannt worden sind. Dies sei Ausdruck einer systematischen Kampagne, einer neuen Art von Kulturkampf: „Es wird alles getan, damit das z. B. in Straßennamen dokumentierte historische und aktuelle Selbstverständnis der DDR ausgemerzt wird.“ (Zotl 1997: 5) Nun kann man jedoch in derselben Schrift nachlesen, was Zotl über die Namensgebung in der ehemaligen DDR zu berichten weiß, dass dort nämlich Straßen „ohne Mitsprache der Bevölkerung [. . .] benannt und umbenannt“ wurden. Unter solchen Bedingungen vom Selbstverständnis, noch dazu vom aktuellen Selbstverständnis der DDR zu sprechen muss kühn genannt werden, oder aber man sagt, dass die DDR und ihr Selbstverständnis immer schon ohne das Einverständnis der Regierten auskamen.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.2198-2430.2005.02.07 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 2198-2430 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2005 |
Veröffentlicht: | 2005-05-01 |
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